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06.03.2022
Regionales

(Ein)Blick in unsere Geschichte – Siegel, Wappen und Greifen


Museumsheft Pasewalk

Sphragistik und Heraldik sind Hilfswissenschaften vor allem für die Geschichtsforschung, das eine die Siegelkunde, das andere die Wappenkunde. Erstere findet oft weniger Beachtung, doch kann aus Siegeln ebenso Erkenntnis gewonnen werden. Ein Siegel führten natürlich Kaiser, König und Papst, geistlicher und weltlicher Adel, aber auch das Bürgertum. Mit ihren Siegeln konnten sie beispielsweise auf Urkunden ihre Anwesenheit bezeugen. Ein klassisches Wappen dagegen ist zwar auch ein Mittel zur Erkennung, hat aber keine beglaubigende Wirkung. Es wurde vor allem auf Schilden geführt. Die geschlossenen Helme verhinderten im Kampf das Erkennen der Verbündeten, also zeigte das Wappen, wer Freund und wer Feind war. Die Redewendung „etwas Böses im Schilde führen“ stammt von dem im Schild geführten Wappen.

Schlagen wir nun den Bogen zu Stadtsiegel und Stadtwappen der Stadt Pasewalk. Stadtwappen bildeten häufig Besonderheiten und Eigenarten der Stadt ab. Das Wappen Pasewalks ist heute grundpommersch, es führt drei rote Greifenköpfe auf blauem Grund. Zwischenzeitlich war es gespalten in drei Felder, eines für jeden Greifenkopf (was unter anderem wohl bedeutet, dass die Felder einmal unterschiedliche Farben hatten) und als Vollwappen zusätzlich mit Helm und Greifenklauen geschmückt. Das Stadtsiegel führt das gleiche Motiv. Stark und schnell, unbezwingbar auf der Erde und in der Luft soll das Fabeltier aus Löwe und Adler sein. Bereits seit dem 12. Jahrhundert, aus der Überlieferung einer Urkunde des Jahres 1194 mit Siegel, kann nachgewiesen werden, dass die Herzöge Pommerns, die Dynastie der Greifen, auf ihren Wappen und später auf ihren Siegeln einen Greifen führten. Das Motiv setzte sich auf vielen Wappen pommerscher Orte durch. Doch wie genau fand er den Weg nach Pasewalk, auf das Siegel und das Wappen der Stadt?

Ganz so alt wie das Siegel der Greifen ist das Pasewalker Siegel allerdings wohl nicht. Das bisher älteste uns bekannte stammt von einer Urkunde aus dem Jahr 1344. Des Rätsels Lösung ist leicht, vorausgesetzt man kann sich für eine Interpretationsart entscheiden. Drei stehen zur Wahl.

Ein wenig offensichtlich hat sich eine Interpretation der Greifenköpfe ergeben, die ihnen je einen pommerschen Herzog zuordnet, der für die Pasewalker Entwicklung wichtig war. In einer Variante sind es Otto I., Wartislaw IV. und Barnim III., unter deren Schutz sich die Stadt 1321 stellte.

In einer anderen Variante handelt es sich um Bogislaw V., Barnim IV. und Wartislaw V., die die Stadt wieder nach Pommern führten und ihr 1354 viele Privilegien gaben.

Ein anderer Ansatz ist der, dass die drei Greifen für die Zeiten stehen, in denen Pasewalk pommersch wurde. Die Gründung als Stadt (Stadtrecht um 1250 vielleicht noch durch Barnim I.), die Wiederkehr 1321 und die erneute Rückkehr unter pommersche Herrschaft 1354. Unschwer zu erkennen, nehmen alle drei Ansätze aufeinander Bezug und stimmen zeitlich miteinander überein. Es scheint also jedem selbst überlassen, welcher überzeugt. Aber: Diese Art der Legendenbildung ist zwar schön anzuhören, doch widerlegbar. Nach den neusten Untersuchungen scheint es, dass all das oben geschilderte jeder Grundlage entbehrt. Die historischen Fakten sind zwar durchaus richtig, die Schlussfolgerungen in Bezug auf das Pasewalker Wappen und seine Interpretation sind es jedoch nicht. So klärt uns jedenfalls ein aktueller Beitrag Dr. Ralf-Gunnar Werlichs (Universität Greifswald) im Museumsheft des Museums Pasewalk über den Irrglauben, dem wir aufgesessen sind und verfestigt haben, auf.

Aber wenn im Pasewalker Wappen und Siegel nicht die pommerschen Herzöge oder ihre Bedeutung für Pasewalk geehrt werden, was bedeutet das Abbild der Greifenköpfe dann? Nun ja, Werlich geht in seinem Beitrag unter anderem darauf ein, dass die Greifen nicht immer Greifen gewesen sind, ganz gegenteilig sogar früher scheinbar märkische Adler waren und als solche Bezug auf eben die Zeit nahmen, in der Pasewalk märkisch gewesen ist. Diese Erkenntnis ist nun sicher, aber ebenso sicher ist, dass aus den Adlern Greifen wurden, diese Entwicklung zeigt sich unter anderem auf wunderbaren Bildern alter Urkunden und Siegel im aktuellen Museumsheft.

Teresa Mirasch

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