Neues Buch über die Raketentruppen der NVA
Der Landkreis Vorpommern-Greifswald, bzw. die Altkreise Ueckermünde und Pasewalk, waren zu DDR-Zeiten die Hochburg der Raketentruppen der NVA, mehr noch, sie waren die Wiege dieser einst streng geheimen Waffengattung. 1962 wurden in Stallberg, Ernst-Thälmann-Siedlung, die ersten Einheiten mit operativ-taktischen Raketen und in Torgelow in der Dienststelle Spechtberg eine Einheit mit taktischen Raketen aufgestellt. Bedingt durch den 2. Weltkrieges, der daraus resultierenden Militärbündnisse waren alle Raketen der NVA Konstruktionen der UdSSR.
Ab Herbst 1974 wurde eine weitere Raketenabteilung als Bestandteil der Unteroffiziersschule 3 / Ausbildungszentrum 20 in Eggesin-Karpin aufgestellt. Eine stärkere Konzentration Raketeneinheiten der Landstreitkräfte gab es in der DDR zu keinem Zeitpunkt und an keinem Standort. Bei der Aufstellung wurden die Raketeneinheiten zur Tarnung als selbständige Artilleriebrigade und in den Divisionen als selbständige Artillerieabteilung bezeichnet.
Da es noch keine Satellitenaufklärung gab, war die Geheimhaltung einfacher als heute. Erst später, 1967, wurden die Einheiten in Raketenbrigade oder Raketenabteilung umbenannt. Grund dafür war auch, dass 1965 erstmals die Startrampen der OTR bei einer Ehrenparade in Berlin gezeigt wurden. So konnte man den Truppen den richtigen Namen geben.
Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Raketentruppen erschien 2012 das erste umfassende Buch über die Raketentruppen. Unter der Leitung des letzten Chefs der Raketentruppen und Artillerie der NVA-Landstreitkräfte verfassten 12 ehemalige Angehörige dieser Truppenteile das Buch: „Raketentruppen der NVA-Landstreitkräfte – Geheimhaltung aufgehoben“. Das Buch ist seit Jahren vergriffen, allenfalls antiquarisch erhältlich.
Nun hat der Motorbuch-Verlag ein neues Buch über die Raketentruppen der NVA herausgebracht. Umfangreich und reich bebildert behandelt das Buch „Die Raketen der NVA – Boden-Boden“ die operativ-taktischen Raketen und die Flügelraketen der Küstenverteidigung der Volksmarine.
Die Raketentruppen der Landstreitkräfte der NVA hatten in ihrer Geschichte jeweils 3 Raketentypen bzw. Raketensysteme im Einsatz. Die operativ-taktischen Raketen ähnelten in ihrer Funktion der deutschen A4/V2. Die Lenkung erfolgte über Gasstrahlruder, solange das Triebwerk in Betrieb war, danach flog die Rakete wie ein Geschoss auf einer ballistischen Flugbahn auf das Ziel zu. Bei dem 3. Raketentyp handelte es sich um eine neue Generation, die als Feststoffrakete zusätzlich über Gitter- oder Luftruder im Luftstrom bis zum Ziel gelenkt wurde und damit wesentlich präziser war. Von diesem System existiert jedoch nur eine Abteilung mit 4 Startrampen am Standort Demen.
Die ersten 2 taktischen Raketensysteme waren ungelenkte Kurzstreckenraketen. Dazu zählten alle Raketen mit einer Reichweite unter 100 km. Die Raketen erreichten ihr Ziel auf einer ballistischen Flugbahn. Erst die 3. Generation der taktischen Raketen hatte Gasstrahlruder und Gitterruder zur Steuerung nach dem Ausbrennen des Feststofftriebwerks. Bezeichnenderweise trug das System den Namen „Totschka“, was übersetzt „Punkt“ bedeutet.
Das 3. beschriebene Raketensystem waren die Raketen der Volksmarine. Es handelte sich um Flügelraketen, mit denen vor allem Schiffe von Land aus bekämpft werden konnten. Vereinfacht gesagt waren es modifizierte Flügelraketen, wie sie von den Raketenschnellbooten eingesetzt wurden.
Das Buch ist fest gebunden, hat 176 Seiten, die ISNB-Nummer 978-3-613-04654-2 und ist zum Preis von 34,90 € im Buchhandel erhältlich.
Der Autor, Jörg Siegert, hat bereits mehrere Bücher über die Technik der NVA veröffentlicht. Vor einigen Jahren erschienen seine beiden Bücher: Landgestützte Raketensysteme der NVA, Bd. 1: Boden-Luft und Bd. 2: Boden-Boden.
Walter Graupner