(Ein)Blick in unsere Geschichte – Erbkämmerer und das lebendige Denkmaldorf
Rothenklempenow liegt mitten im Nichts, im positivsten Sinne. Doch man sollte sich von der Lage zwischen Koblentz und Löcknitz nicht täuschen lassen, denn Rothenklempenow hat eine bedeutungsvolle Vergangenheit. Auch die Lage selbst war in vergangener Zeit alles andere als unwichtig. Hier grenzte sich Pommern durch die in der Nähe verlaufende Randow von der Uckermark ab, Rothenklempenow war eine Grenzfeste. Heute erinnert an diese Bedeutung dabei wohl vor allem noch der Fangelturm, welcher einst Teil einer Burganlage war und denjenigen, denen der Löcknitzer Burgturm nicht unbekannt ist, doch bekannt vorkommen sollte. Beide Türme ähneln sich und lassen so auch für Rothenklempenow die Vermutung einer einstigen slawischen Besiedelung zu. Wer den Fangelturm besteigen möchte, sollte sich vor Ort am besten anmelden. Wenn Rothenklempenow nun also eine slawische Gründung ist, könnte man auch im Ortsnamen einen slawischen Ursprung vermuten. Von Übersetzungen wie „Dornenbusch“ und „schiefer Baum“ ist die Rede. Aber auch eine Ableitung des slawischen Wortes „Klinnek“, welches sich mit „Ahornwald“ vergleichen ließe, wird für möglich gehalten. Bedenkt man, dass der Ort nach allen Seiten von viel Grün eingeschlossen ist, hätte wohl jede dieser drei Bedeutungen ihre Berechtigung. Lange hieß Rothenklempenow allerdings lediglich Clempenow, das „Rothen“ (auch „Roden“) kam erst einige Jahrhunderte nach der urkundlichen Ersterwähnung im Jahr 1269 hinzu, womöglich in Abgrenzung zu Weißen-Klempenow. Und wandert man durch den Ort, scheint Rot unabhängig von der namentlichen Komponente eine dominierende Farbe im Ort zu sein. Viele Backsteinhäuser säumen die Straße und auch das Gut Rothenklempenow strahlt in dieser kräftigen Farbe.
Das „castrum clempenowe“ wurde im Jahr 1295 erstmals erwähnt. 26 Jahre zuvor tauchte „clemperow“ zum ersten Mal in einer Urkunde Barnims I. (etwa 1210/1218 – 1278) auf. Zum besagten Castrum, dem „befestigten Ort“, gehörte zu jener Zeit eine schloßgesessene Adelsfamilie, welche auf der bewohnbaren Burg ihren ständigen Sitz hatte: die Herren von Eickstedt. Der bereits erwähnte Fangelturm (der Name lässt vermuten, dass Gefangene hier festgehalten wurden, eine solche Bezeichnung gibt es häufiger) ist das einzige Überbleibsel dieser Burg. Und auch das heutige Gutshaus ist nicht mehr jenes, welches die Familie 1609 erbauen ließ. Heute sieht der Besucher einen Bau aus dem Jahr 1761. Hier hatten jene von Eickstedt ihren Stammsitz. Der Hinweis auf ihren Einfluss auf den Ort steckt dabei unverhohlen im Wappen von Rothenklempenow. Goldene Rosen auf schwarzen Balken und goldenem Grund sind deutlich dem Stammwappen der Familie entlehnt. Die von Eickstedts führten aber noch ein anderes Wappen, das zeigt, welches Amt die Familie bekleidete. Goldene Schlüssel im Wappen verraten, dass sie das Amt des Erbkämmerers innehatten, nachweislich bereits seit dem Jahre 1357, verliehen durch das pommersche Herzoghaus. Erbämter, wie die von Eickstedts eines innehatten, beziehen sich allein auf die Landesebene und sollten daher nicht verwechselt werden mit Erzämtern, letztere hatten bis auf wenige Ausnahmen allein die Kurfürstentümer inne (der Markgraf von Brandenburg führte den Titel des Erzkämmerers). Auch unter preußischer Herrschaft war die Familie von Eickstedt Erbkämmerer Vorpommerns.
Einen Wassergraben soll es auch gegeben haben. Er wurde mit Wasser aus der alten Randow gespeist und war wohl mit dem Fluss sogar verbunden. Der Wassergraben wurde schließlich zu Gartenfläche. Die Erde rund um den Ort wurde als äußerst unfruchtbar beschrieben und so scheint es nicht verwunderlich, dass vor allem Fischerei, Schaf- und Schweinezucht sowie Handwerke das wirtschaftliche Geschick des Ortes lenkten. Im Jahr 1862 wurden in Rothenklempenow und seinem Vorwerk etwa 836 Einwohner gezählt.
Wer sich ein ausführlicheres Bild der Ortsgeschichte machen möchte, von den Anfängen, der preußischen Herrschaft über die Zeit der DDR zur Wendezeit bis heute, kann sich im Heimatmuseum informieren und in der Torgalerie wechselnde Ausstellungen bewundern. Zum Ort gehören darüber hinaus noch die Ortsteile Dorotheenwalde, Mewegen, Grünhof und Glashütte. Ersteres soll als Witwensitz im Jahr 1748 von Georg IX. von Eickstedt errichtet worden sein.
Und zum Abschluss noch kurze Anekdoten: Wilhelm Löwe, welcher in Rothenklempenow nach eigener Aussage Hausarzt jener von Eickstedt-Peterswalde war, veröffentlichte im Jahre 1854 eine Schrift, in der er beschrieb, wie die falsche Drehkrankheit bei Schafen (heute wohl Befall mit Nasendasseln) zu behandeln wäre. Außerdem fand im Beitrag zu Koblentz vor einigen Monaten bereits einmal eine Brücke Erwähnung, auf welcher sich die Oberhäupter der beiden Familienzweige in Koblentz und Rothenklempenow trafen, um zu korrespondieren, zu anderen Zwecken wurde die mit einem Schlagbaum versperrte Brücke scheinbar nicht genutzt. Wer allerdings einmal selbst eine überaus abenteuerliche Brücke überfahren möchte, sollte auf dem Weg über Krugsdorf und Koblentz nach Rothenklempenow aufbrechen und natürlich vorsichtig fahren!
Teresa Mirasch