Begeisterung im Historischen U – Junges Pianisten-Duo mit anspruchsvollem Programm
Dem Musikverein Pasewalk ist wieder ein anspruchsvoller und anrührender Abend gelungen. Diesmal war es ein hochgelobtes und hochprämiertes Geschwisterpaar aus Berlin und Paris, Tabea und Daniel Streicher, das das zahlreich erschienene Publikum begeisterte und faszinierte.
Kinder aus der Kreismusikschule Ueckermünde sind der Einladung des Pasewalker Musikvereins gefolgt und wurden vom Dramaturgen Frank-Immo Zichner herzlich begrüßt. Zwei der Jüngsten, Martha und Max, sind gerade frisch gebackene Preisträger von „Jugend musiziert“ geworden und bekamen einen Extra-Applaus.
Nach dem Konzert gab es ein „Meet-and-Greet“ für die Kids mit den Künstlern, bei dem man sich auf das Freundlichste austauschen konnte.
Ein besonderes Erlebnis für das junge und das erwachsene Publikum war die Auswahl der Werke, die sich chronologisch von der Klassik über die Romantik bis zur Musik des 20. Jahrhunderts erstreckte und reiche Inspirationen zum Vergleichen der Stile und der unterschiedlichen Beseeltheit der Musik zuließ.
Den Anfang machte eine Mozart-Sonate. Das barocke Bild eines Uhrwerks erscheint dem Hörer, während die beiden Pianisten hell, transparent und glänzend spielen, ohne den Hauch einer Unsicherheit.
Mit dem ersten Takt der folgenden Schubert-Fantasie ist die Zuhörerschaft berührt von der tiefen Menschlichkeit, die aus einer der letzten Kompositionen des zeitlebens eher unglücklich gestimmten Franz Schubert hervorleuchtet. Eine einsame und ergreifende kleine Melodie setzt sich sofort bei den Hörern fest und wird als Motiv während der ineinander übergehenden Sätze immer wieder variiert. In den Fugato-Passagen rollen wilde Wogen heran und reißen den Leidenden aus seiner Stille. Hier, noch stärker als bei Mozart, wird das menschliche Sein in allen Gefühlszuständen von den beiden Pianisten mit äußerstem Fokus bis in den kleinsten Ton herausgearbeitet.
Nach der Pause wird eine Art Fingerübung in Form einer Sonate von Francis Poulenc zu Gehör gebracht. Drei kurze Sätze – der erste mit Jazz-Akkorden, das Rustique als behagliche Landpartie und das Final als keck hüpfende Rhythmik – mit hinreißender Klarheit und Präzision aufgeführt.
Die letzte Komposition des Abends – 4 Bilder aus Strawinskys „Petroushka“ – verlangte nicht nur den beiden Pianisten alles ab, auch das Publikum wird zum Durchhören von quasi gemalten Szenen, unterschiedlichen Charakteren und wilden Mischungen von Klangketten mitgerissen. Die als Ballett für Orchester gesetzten und für vierhändiges Klavier nur von wenigen Pianisten so spielbaren 4 Bilder sorgen für einen Höhepunkt nach dem anderen: Vertrackte Rhythmen, gegenläufige Stimmführungen mit gegensätzlichen Motiven werden von dem Duo Streicher mit selten zu hörender Meisterschaft in blindem Vertrauen der beiden Pianisten zueinander vorgetragen.
Die beiden Künstler haben nach diesem Opus Magnus noch die Frische, das aberwitzige „Allegro Brillant“ von Mendelssohn-Bartholdy als Zugabe zu bringen. Ein großer Abend – verdienter langanhaltender Applaus.
PM